Mit Vertipour hat das Unternehmen das nach eigenen Angaben weltweit erste Verfahren zum vertikalen Umgießen von Glasscheiben mit Polyurethan entwickelt. Die Vertikaltechnik ist ergonomischer sowie energieeffizienter und bietet Qualitätsvorteile.
Während bislang Glasumgießprozesse horizontal ablaufen, dreht BBG, Mindelheim, mit Vertipour das Verfahren buchstäblich um 90°. Der Name setzt sich aus „verti” für vertikal und „pour” für das englische Wort Gießen zusammen. Glasscheiben werden dabei stehend umgossen – ähnlich wie bei einer konventionellen Spritzgießmaschine.
Der vertikale Füllvorgang wirkt sich laut BBG insbesondere bei der Veredelung großer Gläser positiv auf die Bauteilqualität aus. Die Zahl der Lufteinschlüsse und der Fließfehler sinke, gleichzeitig verbessere sich der Zusammenfluss von PUR und Glas. Auf diese Weise könnten auch dünnwandige Bereiche problemlos umgossen werden.
Vertipour ist das weltweit erste Formenträgersystem zum vertikalen Umgießen von Glasscheiben mit Polyurethan. (Abb.: BBG)
Die gegenüber konventionellen Verfahren vorteilhaftere Ergonomie erleichtert zudem die Zugänglichkeit der beiden Werkzeughälften. Um sie zu erreichen, muss der Bediener lediglich eine halbe Drehung machen. Darüber hinaus sinken laut Hersteller mit der Komplexität der Anlage die Investitionskosten. Gleichzeitig verringere die Neuentwicklung den Verbrauch von Material und Energie beim Umgießen. Außerdem lassen sich Vertipour-Werkzeuge platzsparender transportieren und lagern.
Das vereinfachte Design der Anlage reduziert ihren Herstellungsaufwand. Für das Umgießen reichen eine Achse und eine Bewegungsrichtung statt vier bis fünf Achsen bei den bisher üblichen Systemen. Das vermindert den Programmieraufwand, weshalb auch ein einfacherer Steuerungstyp genutzt werden kann.
Der geringere Energiebedarf durch die vereinfachte Mechanik verbessert darüber hinaus die Energieeffizienz. Zusätzlich kann Material gespart werden, denn aufgrund des Fließverhaltens sind im Schäumwerkzeug weniger Entlüftungspunkte erforderlich, beispielsweise für Schraubdome, Rippen, Pins und Engstellen.
Darüber hinaus ermöglicht die platzsparende Lösung, Werkzeuge stehend zu transportieren und zu lagern. Nicht zuletzt ist das System automatisierungsfreundlich gestaltet, sodass Reinigung, Trennmittelauftrag, Bestückung und Entnahme robotergesteuert durchgeführt werden können.
Paradigmenwechsel in der Glasverarbeitung
Mit der Neuentwicklung reagiert BBG auf die Herausforderungen immer größerer Fahrzeugverglasungen. Beginnend mit den ersten Popup-Glasdeckeln in den 1980er Jahren wuchsen die Dimensionen der Gläser kontinuierlich. In der Folge wurden Schäumwerkzeuge und Formenträgersysteme ebenfalls größer, komplexer, aufwändiger und teurer. Ebenso gestaltete sich die ergonomische Auslegung der Maschinen zunehmend schwieriger und war mit wachsendem Aufwand verbunden.
Die Entwickler und Konstrukteure von BBG haben das Thema Glasumgießen daher von Grund auf neu durchdacht. Erste Fließsimulationen zeigten vielversprechende Ergebnisse, erzählt Projektleiter Bernhard Satzger. „Die anschließende Fertigung von Testscheiben hat das Potenzial der Lösung ebenfalls bestätigt.“
Vertipour richtet sich primär an Unternehmen aus der Glasveredelung für die Automobilbranche, den Bootsbau sowie der Photovoltaik-Modulproduktion. Angesichts der großen Vorteile eignet sich das vertikale PUR-Füllverfahren auch für Polyurethan-Verarbeiter aus anderen Branchen. BBG bietet Vertipour als modulares Komplettpaket aus Formenträgersystem, Peripheriekomponenten, Automationsmodulen und Werkzeug an.
