09.10.2013
Biokunststoffe

Alternative mit Zukunft?

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Lesedauer: 5 Minuten.

Biokunststoffe scheinen als Ergänzung und teilweise Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen ein logischer und notwendiger Schritt für eine moderne und zukunftsgerichtete Kunststoffindustrie. Und natürlich werden sie auf der K 2013 ihren […]

Produktionskapazitäten für bioabbaubare und biobasierte Kunststoffe 2011 mit Prognose für 2016 (Quelle: European Bioplastics; Hochschule Hannover, IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe)

Produktionskapazitäten für bioabbaubare und biobasierte Kunststoffe 2011 mit Prognose für 2016 (Quelle: European Bioplastics; Hochschule Hannover, IfBB – Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe)

Biokunststoffe scheinen als Ergänzung und teilweise Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen ein logischer und notwendiger Schritt für eine moderne und zukunftsgerichtete Kunststoffindustrie. Und natürlich werden sie auf der K 2013 ihren Platz haben. Eine Diskussion um das Für und Wider, die zukünftige Rolle und das Marktpotenzial von Biokunststoffen lässt sich ohne eine vorherige klare Begriffsdefinition rund um die Vorsilbe „bio“ nicht führen, gibt Prof. Dr.-Ing. Christian Bonten vom Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart zu bedenken.

Biologisch abbaubare Kunststoffe

Bis auf geringe Substanzmengen bestehen biologisch abbaubare Kunststoffe ausschließlich aus bioabbaubaren Polymeren und Zusatzstoffen. Spezielle Bakterien und ihre Enzyme wandeln bioabbaubare Kunststoffe nachweislich zu Biomasse, CO2 oder Methan, Wasser und Mineralien um, nachdem zuvor die Makromoleküle durch andere Abbaumechanismen stark fragmentiert wurden. Damit sich ein Kunststoff in Europa kompostierbar nennen darf, muss er unter klar definierten Bedingungen nach spätestens zwölf Wochen zu mindestens 90 % in Fragmente zerfallen sein, die kleiner als 2 mm sind. Nur so ist der wirtschaftliche und störungsfreie Betrieb einer Kompostieranlage gewährleistet.

Biologisch abbaubare Kunststoffe sind nicht zwingend aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt; sie können auch aus Erdöl gewonnen werden. Biologische Abbaubarkeit hängt somit nicht vom Rohstoff, sondern von der chemischen Struktur eines Kunststoffs ab. Beispiele für biologisch abbaubare Polymere sind Polylactide (PLA), auch Polymilchsäuren genannt, Polyhydroxyalkanoate (PHA), Cellulosederivate, Stärke, aber auch Erdöl basiertes Polybutylenadipat-terephthalat (PBAT) und Polybutylensuccinat (PBS). Nicht biologisch abbaubar sind hingegen z.B. Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyethylenterephthalat (PET) oder Polyamide (PA).

Biobasierte Kunststoffe

Biobasierte Kunststoffe hingegen sind aus der Natur gewonnene, nachwachsende Rohstoffe. Allerdings sind diese nicht zwangsläufig auch biologisch abbaubar. Das Adjektiv „biobasiert“ besagt lediglich, dass die Kohlenstoffatome der Molekülketten aus der heutigen Natur entnommen, also „bio“ sind. Derzeit gewinnt man biobasierte Kunststoffe aus verschiedenen Kohlenhydraten wie Zucker, Stärke, Proteine, Cellulose, Lignin, Bio-Fette oder Ölen. Biobasierte Polymere sind u.a. Polylactidacid (PLA), Polyhydroxybutyrat (PHA), Cellulosederivate (CA, CAB) und Stärkederivate, aber auch z.B. Bio-Polyethylen (PE). Letzteres wird vollständig aus brasilianischem Zuckerrohr gewonnen, hat Eigenschaften wie ein herkömmliches Polyethylen, ist aber nicht biologisch abbaubar. Zu den zumindest teilweise biobasierten, aber nicht bioabbaubaren Polymeren zählen auch naturfaserverstärkte herkömmliche Kunststoffe sowie neue Polyamide und Polyurethane.

Verschiebungen bei weltweiten Produktionsmengen

Biokunststoffe spielen in der weltweiten Polymerproduktion von rund 235 Mio. t Kunststoff-Werkstoffen bislang noch eine untergeordnete Rolle. European Bioplastics prognostiziert aufgrund des hohen Marktwachstums bis zum Jahr 2016 eine weltweite Produktionskapazität für Biokunststoffe von knapp 5,8 Mio. t Tonnen, das Nova-Institut im März 2013 bis zum Jahr 2016 über 8 Mio. t und bis zum Jahr 2020 knapp 12 Mio. t für biobasierte Kunststoffe.

Biologisch abbaubare Kunststoffe haben nach Angaben des Erzeugerverbandes European Bioplastics im Jahr 2009 mit einigen 100.000 t noch den Löwenanteil an den weltweiten Gesamtkapazitäten für Biokunststoffe ausgemacht. Seit 2010 werden die Wachstumsraten der biologisch abbaubaren Kunststoffe von denen biobasierter Kunststoffe deutlich überflügelt. Verbandsprognosen zufolge sollen sie 2016 trotz eines stetigen Wachstums nur noch rund ein Siebtel der Gesamtproduktion von Biokunststoffen ausmachen. Der weitaus überwiegende Teil der Biokunststoffe wird dann zwar biobasiert, aber nicht bioabbaubar sein.

Biokunststoffe und ihre Anwendungen heute

Kunststoffe müssen für den vermehrt technischen Einsatz immer höhere Ansprüche erfüllen. Dies gilt auch für Biokunststoffe. In punkto Reproduzierbarkeit gibt es Nachholbedarf, bei Barriereeigenschaften, Langlebigkeit und Kompatibilität mit anderen Biopolymeren und Zusatzstoffen besteht noch viel Verbesserungspotenzial.

Mulchfolien aus bioabbaubarem PBAT/PLA-Compound lassen sich nach der Ernte unterpflügen und müssen nicht wie klassische Folie zunächst eingesammelt und dann entsorgt werden (Foto: BASF SE)

Mulchfolien aus bioabbaubarem PBAT/PLA-Compound lassen sich nach der Ernte unterpflügen und müssen nicht wie klassische Folie zunächst eingesammelt und dann entsorgt werden (Foto: BASF SE)

Bioabbaubare Kunststoffe kommen in der Regel dort zum Einsatz, wo sich die Eigenschaft der Abbaubarkeit als besonders nützlich erweist. Das gilt z.B. in der Landwirtschaft für Mulchfolien oder Pflanztöpfe, die nach der Gebrauchsphase nicht eingesammelt und abtransportiert werden müssen, sondern gleich an Ort und Stelle im Boden zu Biomasse verstoffwechselt werden. In Privathaushalten haben sich abbaubare Küchenabfallbeutel einen Markt erobert; sie können gemeinsam mit dem Bioabfall kompostiert werden.

Biobasierte Kunststoffe finden sich inzwischen auch in Konsumelektronik- und Automobilanwendungen. So hat z.B. Toyota bei seinem nur in Japan erhältlichen Hybrid-Pkw Sai ab dem Modelljahr 2011 eine Innenausstattung realisiert, die zu 80 % auf nachwachsenden Rohstoffen fußt. Möglich wurde dies durch den Einsatz von Bio-PET, einem auf Zuckerrohr basierenden Kunststoff. Aber auch PLA oder Polyurethanschaumstoff (PUR) auf Soja-Basis findet heutzutage in den verschiedensten Automobil-Komponenten Verwendung. Es gibt kaum einen Auto-Hersteller, der völlig auf Biokunststoffe verzichtet bzw. nicht an einem vermehrten Einsatz in seinen Fahrzeugen entwickelt.

Wer sich über Potenziale und Chancen, Neuentwicklungen und innovative Anwendungen von Biokunststoffen informieren möchte, findet auf der K 2013 dazu viele Möglichkeiten an den Ständen der Aussteller. Zudem finden vom 17. bis 19. Oktober, jeweils von 8 bis 12 Bioplastics Business Breakfasts statt, Kurzseminare zu ausgewählten Themen der Branche.

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