30.11.2020
Gefran

Maschinensicherheit mit füllmedienfreien Massedrucksensoren

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Lesedauer: 7 Minuten.

Betriebssicherheitsverordnung, RoHS II und der Anspruch, fit für Industrie 4.0 zu sein, stellen Hersteller wie Betreiber von Maschinen und Anlagen laufend vor neue Herausforderungen. Moderne Sensorik liefert durch ihre Fähigkeit […]

Die füllmedienfreien Massedrucksensoren mit IO-Link und Überdruckabschaltung nach PL c bzw PL d gibt es in verschiedenen Bauformen. (Foto: Gefran)

Die füllmedienfreien Massedrucksensoren mit IO-Link und Überdruckabschaltung nach PL c bzw PL d gibt es in verschiedenen Bauformen. (Foto: Gefran)

Betriebssicherheitsverordnung, RoHS II und der Anspruch, fit für Industrie 4.0 zu sein, stellen Hersteller wie Betreiber von Maschinen und Anlagen laufend vor neue Herausforderungen. Moderne Sensorik liefert durch ihre Fähigkeit zur Diagnose der entscheidenden Prozessparameter zahlreiche Mittel, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Ausgestattet mit dem Kommunikationsstandard IO-Link übertragen sie zudem weitere Prozessparameter und bieten Diagnosefunktionen, die zu einer besseren Anlagenverfügbarkeit durch vorbeugende Instandhaltung beitragen.

Ältere Anlagen genießen laut Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) keinen Bestandsschutz, sondern müssen regelmäßig einer Gefährdungsbeurteilung unterzogen werden müssen. Dies schreibt §5 über „Anforderungen an die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel“ der BetrSichV vor. Er besagt, dass die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel und Maschinen für die Art der auszuführenden Arbeiten geeignet sein muss und über die erforderlichen sicherheitsrelevanten Ausrüstungen verfügen müssen. Eine Gefährdung muss dabei so gering wie möglich gehalten werden. Dabei gilt: sämtliche Arbeitsmittel müssen in Sicherheitsfragen immer dem Stand der Technik entsprechen.

So müssen beispielsweise Extruder in kunststoff- und gummiverarbeitenden Anlagen mit sicherheitsrelevanten Schmelzedrucksensoren ausgerüstet werden. Denn die Maschinenrichtlinie sowie die überarbeitete Extruder-Norm (EN 1114-1) verlangen eine sichere Überdruckabschaltung – teilweise nach PL c oder höher. Allerdings kommt es in älteren Anlagen häufig vor, dass die installierten Schmelzedrucksensoren keine Sicherheitszertifizierung erfüllen, oder – noch bedenklicher – dass in seltenen Fällen überhaupt kein Massedrucksensor am Austritt des Extruders montiert ist. Damit besteht die realistische Gefahr, dass ein gefährlicher, entstehender Überdruck nicht erkannt wird. Der Betrieb einer solchen nicht oder mangelhaft gesicherten Anlage stellt somit ein hohes Risiko für die Mitarbeiter dar.

Überdies fordert die RoHS II-Verordnung (EU-Richtlinie 2011/65/EU) die Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Von geltenden Quecksilberverbot für neu in Verkehr gebrachte industriell genutzte Sensoren sind unter anderem Massedruckmessumformer betroffen, die als Füllmedium Quecksilber nutzen. Alternativen sind Sensoren mit ungiftigen Füllmedien (NaK, Öl) und seit einiger Zeit auch füllmedienfreie Schmelzedrucksensoren. Diese füllmedienfreien Sensoren, die man bereits in rd. 15 % aller Extrusions- und Spritzgießanwendungen findet, wenden die piezoresitive Druckmesstechnik an.

Robuste Technologie

Bei den füllmedienfreien Sensoren der IMPACT-Serie übernimmt ein Stößel (rot) die Druckübertragung auf das Messelement (grau). (Abb.: Gefran)

Bei den füllmedienfreien Sensoren der IMPACT-Serie übernimmt ein Stößel (rot) die Druckübertragung auf das Messelement (grau). (Abb.: Gefran)

Speziell für die Kunststoffindustrie bietet Gefran, Seligenstadt, mit der Serie Impact (Innovative Melt Pressure Accurate Transductor) robuste, füllmedienfreien Sensoren zur Schmelzedruckmessung für Dauertemperaturen bis 350 °C an. Sie erfüllen mit Überdruckabschaltung nach PL c und PL d sowie IO-Link-Protokoll für die Einbindung in vollautomatisierte Fertigungsprozesse nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern eignen sich auch für die Nachrüstung von Bestandsanlagen.

Das Messelement des Impact arbeitet nach dem piezoresistiven Messprinzip. Der Druck des Messstoffs wird nicht über eine Flüssigkeit, sondern über eine Membrane großer Dicke direkt auf die Messzelle aus Silizium übertragen. Durch diese Bauart entsteht ein Sensor, der nur eine sehr geringe Auslenkung zum Vollausschlag benötigt. Die Durchbiegung beträgt lediglich zehn Mikrometer, was die robuste Ausführung des Sensors erst ermöglicht, und in dynamischen Prozessen keinerlei Materialermüdung verursacht. Die messstoffberührte Membran aus Edelstahl besitzt je nach Druckbereich eine Stärke von bis zu einem Millimeter und ist somit bis zu zehn Mal dicker als die Membranen herkömmlicher Schmelzedruckaufnehmer mit Füllmedium.

Sensoren für Hochtemperaturanwendungen

Für Extrusionsanwendungen mit Temperaturen über 350 °C bieten herkömmliche füllmedienhaltige Sensoren die besten Eigenschaften. So sind beispielsweise Sensoren mit einer Füllung aus Natrium-Kalium (NaK) bis zu einer Schmelzedauertemperatur von 538 °C verwendbar und punkten durch Langzeitstabilität.

Überdruckabschaltung nach PL c

Der selbstüberwachende Massedrucksensor (im Kreis) schaltet den Extruder bei Erreichen eines kritischen Drucks ab. (Foto: Gefran)

Der selbstüberwachende Massedrucksensor (im Kreis) schaltet den Extruder bei Erreichen eines kritischen Drucks ab. (Foto: Gefran)

Sowohl die sich selbstüberwachenden Impact-Massedrucksensoren als auch die gefüllten Sensoren verfügen über eine Überdruckabschaltung nach PL c (bzw. PL d in Verbindung mit IO-Link). Sie erkennen Überdrücke zuverlässig, schalten die überwachte Anlage rechtzeitig selbsttätig ab und erhöhen damit die Maschinensicherheit. Zugleich sorgt die kontinuierliche Überwachung und Regelung des Schmelzedrucks für eine gleichbleibende Produktqualität, da die Geometrie des Extrudats und damit seine Qualität über den Schmelzedruck bestimmt wird. Zusätzlich zu der Überdruckabschaltung überwacht ein Relaiskontakt im Sensor verschiedene sicherheitskritische Zustände wie beispielsweise die Brückenspannung, die Funktion der Vorverstärkerstufe, die Temperatur im Verstärkergehäuse oder die Versorgungsspannung. Er trägt damit auch hier zu einer erhöhten Maschinensicherheit bei.

Bereit für Industrie 4.0

Sensoren dienen jedoch nicht nur der Maschinensicherheit und Verbesserung der Produktqualität. Sie sind auch wichtige elektronische Bausteine für eine erfolgreiche Maschine-zu-Maschine- und Mensch-zu-Maschine-Kommunikation. Sie gestatten den Datenaustausch zwischen den verschiedenen Automatisierungssystemen, die Maschinensteuerung und -synchronisierung sowie die Überwachung der Produktionsanlagen. Die Einbindung intelligenter Sensoren und Aktoren in ein Automatisierungssystem erfolgt über verschiedene Schnittstellen und Kommunikationsprotokolle. In der Prozesstechnik der chemischen Industrie hat sich als Kommunikationsstandard beispielsweise das HART-Protokoll durchgesetzt. Im allgemeinen Maschinenbau ist es das Kommunikationssystem IO-Link.

Schmelzdrucksensoren mit IO-Link und Pl-d-Zulassung sind wichtige elektronische Bausteine für eine erfolgreiche Maschine-zu-Maschine- bzw. Mensch-zu-Maschine-Kommunikation. (Foto: Gefran)

Schmelzdrucksensoren mit IO-Link und Pl-d-Zulassung sind wichtige elektronische Bausteine für eine erfolgreiche Maschine-zu-Maschine- bzw. Mensch-zu-Maschine-Kommunikation. (Foto: Gefran)

Gefran stattet daher seine neuen Sensoren, Leistungssteller und Regler mit dem Kommunikationsstandard IO-Link und RTE/ProfiNET für den ehternetbasierten Datenaustausch in Echtzeit aus – darunter auch die Massedrucksensoren der neuen Baureihe IL. Sie wurden eigens für die Anforderungen von Industrie 4.0 entwickelt. Das IO-Link-Protokoll gestattet die Selbstdiagnostik der Sensoren zur vorbeugenden Wartung und Vermeidung von Maschinenstillständen. Weiterer Vorteil: die IO-Link-Sensoren stellen zusätzlich zum Drucksignal auch ein Temperatursignal in der Messspitze bereit und erhöhen damit die Zahl der Prozessparameter. Gleichzeitig steigt durch die automatische Prüfung der Sensorparameter wie beispielsweise Druck, Sicherheitsabschaltung oder Nullpunktüberwachung die Anlagenzuverlässigkeit. Zudem verfügen alle IL-Massedrucksensoren über PL-d- und SIL2-Zulassungen. Damit eignen sie sich für Anwendungen der funktionalen Sicherheit. Die IL-Sensoren sind sowohl mit unterschiedlichen Füllmedien als auch zukünftig in der füllmedienfreien Impact-Version erhältlich.

Im praktischen Einsatz

Ein Unternehmen, das die Impact-Sensoren bereits in sein Lastenheft für Doppelschneckenextruder geschrieben hat, ist Clariant Masterbatches. Der Hersteller von Farb- und Additivkonzentraten nutzt in seinen Kunststoffextrudern den füllmedienfreien Massedrucksensor Impact IE/PL’c‘. Da Clariant von den Konzentraten jeweils nur vergleichsweise geringe Mengen – ca. 100 bis 1.000 kg pro Charge – produziert, müssen die Extruder entsprechend häufig gesäubert werden. Hierbei spielt die robuste Sensormembran ihre Vorzüge aus: Anders als die Membrane füllmedienhaltiger Sensoren sind sie nicht so empfindlich gegenüber erkaltender Schmelze und verzeihen auch mal einen gröberen Reinigungsvorgang.

www.gefran.de

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