08.07.2021
Günther Heisskanaltechnik

Heißkanal-Verarbeitung von Biopolymeren

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Lesedauer: 5 Minuten.

Biopolymere rücken immer mehr in den Fokus der Kunststoff verarbeitenden Industrie. Doch ihr Kristallisationsverhalten erschwert die Verarbeitung dieser Materialien. Dies war Anlass für Günther Heisskanaltechnik, Frankenberg, seinen 1. Virtuellen Technologietag […]

Biopolymere rücken immer mehr in den Fokus der Kunststoff verarbeitenden Industrie. Doch ihr Kristallisationsverhalten erschwert die Verarbeitung dieser Materialien. Dies war Anlass für Günther Heisskanaltechnik, Frankenberg, seinen 1. Virtuellen Technologietag der Verarbeitung von Biopolymeren im Heißkanal zu widmen. Über 160 Anmeldungen aus unterschiedlichsten Unternehmen belegten das Interesse an diesem Thema.

Das Vortragsprogramm des Online-Events eröffnete Manuel Schmellenkamp von Sigmasoft mit dem Thema „Verarbeitung von Biopolymeren – Wie nutzt Simulation?“ Am Beispiel von PLA, das als Blend spritzgießbar ist und mit Naturfasern gefüllt werden kann (zum Beispiel Holznachbildung), zeigte er den Nutzen von Simulation in allen Bereichen der Wertschöpfungskette der Kunststoffverarbeitung auf. PLA verhält sich beim Spritzgießen grundsätzlich wie ein Thermoplast, jedoch hat die Restfeuchte eine größere Auswirkung auf das mechanische und rheologische Verhalten. Zudem ist das Prozessfenster durch die starke Temperaturabhängigkeit oft enger. Im Nachgang beschrieb Schmellenkamp die Eigenschaften, die für eine Simulation benötigt werden, und simulierte den Einfluss der Viskositätsparameter von PLA beim Spritzgießen. Dabei kam er zur Schlussfolgerung, dass Viskositätsschwankungen in diesem Fall nicht die Balancierung, sondern vor allem den Druckbedarf beeinflussen. Die Prozessparameter haben also einen stärkeren Einfluss auf die Balancierung als die Polymereigenschaften, weshalb sich der Einsatz von Form-Innendrucksensoren empfiehlt.

Wolfgang Wieth von K.D. Feddersen beschrieb „Kunststoffe im Wandel“ und ging dabei auf nachhaltige Materialien für technische Anwendungen ein. Eingangs beleuchtete er den European Green Deal, den CO2-Fußabdruck und das Masse-Bilanzverfahren, um dann auf die biobasierten und biologisch abbaubaren Biokunststoffe einzugehen. Die Zahlen der steigenden globalen CO2-Emissionen und ihrer Verursacher zeigten, dass nur 5 % der auf Basis von Erdöl erzeugten Emissionen auf Kunststoffe zurückgehen und davon wiederum nur 1 % auf technische Kunststoffe. Anhand verschiedener Beispiele belegte Wolfgang Wieth dann noch den steigenden Einsatz von biobasierten und biologisch abbaubaren Biokunststoffen in verschiedensten Branchen.

Ein Werkstoff aus natürlichen Rohstoffen

Das sogenannte Papierspritzgießen brachte Niclas Beutler von Natur Compound den Teilnehmern näher. Dabei wird ein gemischter Werkstoff aus natürlichen Rohstoffen, zum Beispiel eine Kombination aus nachwachsenden Rohstoffen wie Cellulose und abbaubaren Rohstoffen wie etwa Kreide, verarbeitet. Das Granulat wird dann durch einen Vermengungsprozess hergestellt und die Produkte entstehen ganz konventionell mittels Spritzgießen. Mit den Eigenschaften des Granulats gehen einige Vorteile einher. Die so hergestellten Produkte sind zu 100 % biologisch abbaubar und hauskompostierbar, was Entsorgungskosten vermeidet. Zur Verarbeitung können bestehende Werkzeuge eingesetzt werden. Durch die Ähnlichkeit mit konventionellem Kunststoff ist die Anwendung für den Kunden bekannt. Der zugelassene Lebensmitteldirektkontakt sorgt zudem für vielfältige Einsatzmöglichkeiten.

Jörg Essinger, Leiter Anwendungstechnik und Service bei Günther Heisskanaltechnik, zeigte anhand von Beispielen die Verarbeitung eines Papierspritzgießens. (Foto: Günther)

Jörg Essinger, Leiter Anwendungstechnik und Service bei Günther Heisskanaltechnik, zeigte anhand von Beispielen die Verarbeitung eines Papierspritzgießens. (Foto: Günther)

Jörg Essinger, Leiter Anwendungstechnik und Service bei Günther, belegte anhand der Ergebnisse aus den Materialversuchen mit Biopolymeren im hauseigenen Technikum die „Verarbeitung von Biopolymeren mit der Heißkanaltechnik“. Ein Auszug aus der Anwendungsdatenbank von Günther mit realisierten Anwendungen mit Biopolymeren zeigte auf, dass sowohl biobasierte als auch biologisch abbaubare Kunststoffe immer häufiger zur Anwendung kommen. Unter den angeführten Beispielen war unter anderem auch ein Eierbecher aus dem Biowerkstoff Fibrolon, einem PLA-Blend mit Holzfasern, das biologisch abbaubar ist. In diesem Werkzeug kam ein Heißkanal 5SMF30K mit AHJ5 (202004670) von Günther zum Einsatz. Das Schussgewicht betrug 11,2 g pro Düse. Verarbeitet wurde der Biowerkstoff mit einer Verarbeitungstemperatur von 150 °C bis 200 °C und einer Werkzeugtemperatur von 30 °C bis 50 °C. Die Verweilzeit war sehr kurz gewählt, um eine thermische Schädigung der Fasern zu vermeiden.

In einem weiteren Beispiel ging Jörg Essinger auch auf das Papierspritzgießen eines Biopolymers ein, das zu ca. 70 % aus einem nachwachsenden Rohstoff (Cellulose) und zu 30 % aus einem abbaubaren Rohstoff (Kreide) besteht. In einem Video wurden die Vorgehensweise zur Gestaltung des optimalen Temperaturverlaufs im Verteiler und das Fertigen geeigneter Kanalbohrungen gezeigt.

Auf eine „Effiziente Kunststoffverarbeitung“ ging Christian Homp von Arburg ein. In den Mittelpunkt seines Vortrags stellte er die Herausforderungen bei der Verarbeitung der Biokunststoffe, wie Schneckengeometrie, Spritzgießparameter sowie Heißkanal und Trocknung. Er hob hierbei eine besondere Sensibilisierung der Kunden und Endkunden für dieses Thema hervor. Als Beispiel führte er hier vergleichende Materialversuche im Arburg-Technikum mit fossilen und alternativen Kunststoffen an.

In einer Live-Demo erklärte Technikums-Leiter Dieter Gebauer den Einsatz des 4-fach-Maskenfilter-Werkzeugs. (Foto: Günther)

In einer Live-Demo erklärte Technikums-Leiter Dieter Gebauer den Einsatz des 4-fach-Maskenfilter-Werkzeugs. (Foto: Günther)

Im Anschluss stellte Jannes Wilke von der Anwendungstechnischen Beratung von Günther ein gemeinsames Projekt mit Arburg vor, bei dem ein Masken-Gehäuse aus Terralene HD 4527 mit einem 4-fach-Nadelverschluss-Werkzeug gefertigt wurde. Die Herausforderung lag hier bei der geringen Wandstärke, die eine kurze Einspritzzeit erforderte, und dies bei einem sehr engen Prozessfenster. Jannes Wilke beschrieb anschaulich die Auswahl des entsprechenden Düsentyps durch Füll- und Druckverlustberechnung.

Die Anwendung dieses 4-fach-Maskenfilter-Werkzeugs konnten die Teilnehmer des Technologietages im Rahmen einer virtuellen Live-Demo auf einer Arburg-Maschine besichtigen. Auf einer weiteren Arburg-Maschine wurde Biokunststoff verarbeitet.

www.guenther-heisskanal.de

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