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23.08.2022
Wittmann Battenfeld

Erneuerbare Energien verlustfrei nutzen und alternative Materialien schwankungsfrei verarbeiten

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Lesedauer: 9 Minuten.

Der Spritzgießmaschinenbauer zeigt eine Lösung für das verlustfreie Betreiben von Anlagen durch via Solarzellen erzeugtem Gleichstrom. Ressourcenschonung durch alternative Werkstoffe sowie gezieltes Energiemanagement sind weitere Schwerpunkte.

Unter dem Motto „It‘s all Wittmann“ präsentiert Wittmann Battenfeld, Kottingbrunn (Österreich), auf der diesjährigen K-Messe seine Maschinen und Anlagen erstmals im neuen Wittmann Design und demonstriert damit noch deutlicher als bisher die Kompetenz der Wittmann Gruppe aus Wien als Single Source für die gesamte Spritzgießanlage, von der Maschine über die Automatisierung bis hin zur Peripherie mit der Möglichkeit der Vernetzung via Wittmann 4.0. „It‘s all Wittmann“ heißt auch modernste Anwendungstechnik mit dem Ziel, höchste Qualität und Funktionalität bei kleinstem CO2-Fußabdruck zu erzielen.

Solarstrom direkt verlustfrei nutzen oder speichern und Spitzen ausgleichen

Solarzellen auf Firmendächern bieten Unternehmen die Möglichkeit, eigenen Strom zu erzeugen und damit nicht nur Kosten zu sparen, sondern gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Die Fragestellung, wie dieser via Solarzellen produzierte Gleichstrom für das Betreiben von Spritzgießanlagen direkt und ohne Verluste durch den Umweg über Wechselrichter, Trafo und durch Übertragung über Hochspannungsleitungen genutzt werden kann, beantworten Wittmann Battenfeld und sein Kunde Wago gemeinsam. Anhand einer Konzeptstudie mit einer Maschine seiner vollelektrischen EcoPower Baureihe zeigte Wittmann Battenfeld die Lösung auf und meldete gemeinsam mit Wago ein Patent an. Mit einer mit Gleichstrom betriebenen EcoPower 180/750+ wird mit einem 24fach-Werkzeug von Wago ein Teil einer „Ur-Klemme“ aus flammgeschütztem Polyamid hergestellt. Die Teile werden mit einem modifizierten Wittmann Roboter WX142 in DC-Ausführung entnommen, der direkt über den Gleichspannungs-Zwischenkreis der EcoPower versorgt wird und die überschüssige Energie bei Verzögerung der Achsen gleichermaßen in den Zwischenkreis zurückspeist.

Mit diesem Konzept können zum einen die Energiekosten durch die direkte Nutzung des Solarstroms niedrig gehalten werden, zum anderen lässt sich Gleichstrom auch gut in herkömmlichen Batterien speichern und kann somit hervorragend für die Abdeckung von Stromspitzen genutzt werden. Bei Bedarf kann die Maschine auf Wechselstrombetrieb umgestellt werden.

Die EcoPower 180 ist mit der neuen Steuerung B8X mit im Haus entwickelten Steuerungskomponenten ausgestattet. Diese ermöglichen eine höhere interne Taktfrequenz, somit kürzere Reaktionszeiten auf Sensorsignale und dadurch höhere Reproduzierbarkeit der Teile bei unverändertem Bedienkomfort und gewohnter Visualisierung.

3K-Spritzguss und Strukturschäumen eines lebensmittelechten Materials aus erneuerbaren Rohstoffen

Wiederverwendbarer Coffee-to-go-Becher, hergestellt durch eine Kombination aus 3K-Spritzgießen und Strukturschäumen. (Foto: Haidlmair)

Wiederverwendbarer Coffee-to-go-Becher, hergestellt durch eine Kombination aus 3K-Spritzgießen und Strukturschäumen. (Foto: Haidlmair)

Wittmann Battenfeld hat eine langjährige Erfahrung in der Mehrkomponententechnologie. Auf der K 2022 demonstriert das Unternehmen seine Kompetenz in diesem Bereich anhand der Herstellung eines wiederverwendbaren Coffee-to-go-Bechers im Drei-Komponentenspritzguss. Ebenso werden anhand dieser Anwendung die Vorteile als auch die Qualitätsverbesserung durch eine Verfahrenskombination gezeigt. Zusätzlich zur Mehrkomponententechnik wird die Strukturschaumtechnologie Cellmould zur Reduzierung des Materialeinsatzes eingesetzt.

Bei dieser Anwendung wird mit einer servohydraulischen SmartPower 400/750H/210S/525L Combimould mit einer Dreheinheit und einem Werkzeug der Firma Haidlmair ein Becher mit Deckel aus Bornewables von Borealis hergestellt. Das aus erneuerbaren Rohstoffen, also nicht erdölbasiertem Feedstock, hergestellte Material erfüllt die von Wittmann geforderten Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards. Das Material ist lebensmittelecht und spülmaschinengeeignet sowie ISCC Plus-zertifiziert (International Sustainability & Carbon Certification). Der Feedstock zur Herstellung der Borealis Bornewables stammt aus Biomasse, Abfällen und Reststoffen der zweiten Generation, die nicht in Konkurrenz zur menschlichen Nahrungskette stehen. Produktsicherheit und Leistungsmerkmale entsprechen denen neuer Polyolefine bei einer gleichzeitig deutlichen Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Haidlmair hat das Werkzeug optimal für den Einsatz von Bornewables ausgelegt. Eine Besonderheit des Werkzeugs ist der Einsatz von Hybridelementen in der Formplatte, um die Kühlung zu optimieren. Diese Hybridelemente werden auf einer Lasertec-Maschine direkt bei Haidlmair in einem Arbeitsschritt gefertigt und sind eine Kombination aus herkömmlich bearbeitetem Werkzeugstahl und 3D-gedruckter Gelbbronze.

Der in der ersten Kavität erzeugte Becher in Klaroptik wird in der zweiten Kavität mit einer Schale umspritzt und erhält durch das Aufschäumen mit der Cellmould-Technologie noch einen zusätzlichen Isoliereffekt. Die Schale besteht aus einem Bornewables PP Blend mit entsprechender Haptik für einen guten Griff. In einer Nebenkavität wird der Deckel für den Becher gespritzt. Dieser besteht ebenfalls aus demselben Werkstoff wie der Grundköper, kann aber aufgrund der Werkzeugbautechnik individuell eingefärbt werden. Die Materialauswahl wurde aufgrund der Funktion und der klaren Optik getroffen. So ist nicht nur der gesamte Becher aus Bornewables gefertigt, sondern kann auch im Sinne der Circular Economy sowohl wiederverwendet als auch zu 100 % rezykliert werden. Die Teile werden mit einem Wittmann Roboter WX142 entnommen, auf einem Förderband abgelegt und einer Schlauchbeutelanlage zugeführt und verpackt. Das hier eingesetzte Verpackungsmaterial besteht ebenso aus der Bornewables-Produktfamilie.

Materialalternativen aus nachwachsenden Rohstoffen und Rezyklaten stabil verarbeiten

Die Verarbeitung alternativer Materialien, insbesondere nachwachsender Rohstoffe und Rezyklate, stellt aufgrund der Viskositätsschwankungen, denen diese Materialien im Verarbeitungsprozess unterliegen, eine besondere Herausforderung dar. Wittmann Battenfeld begegnet dieser Problematik mit dem Einsatz seiner HiQ Anwendungssoftware, die stetig evaluiert und weiterentwickelt wird, um höchste Qualität auch bei der Verarbeitung dieser Materialien zu gewährleisten.

Auf der K 2022 zeigt Wittmann Battenfeld zwei weitere Anwendungen, bei denen nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz kommen. Beide Anlagen sind mit der Anwendungssoftware HiQ Flow zum Ausgleich von Viskositätsschwankungen ausgestattet.

Die biologisch abbaubare Eiscreme-Schale aus Baopap entsteht im Sechsfach-Werkzeug des Präzisionswerkzeugbauers Precupa auf einer EcoPower 110/750. (Foto: HopeTree)

Die biologisch abbaubare Eiscreme-Schale aus Baopap entsteht im Sechsfach-Werkzeug des Präzisionswerkzeugbauers Precupa auf einer EcoPower 110/750. (Foto: HopeTree)

Eine dieser Anwendungen ist am Wittmann-Battenfeld-Stand in Halle 15 zu sehen. Dabei handelt es sich um einen biologisch abbaubaren Eisbecher, hergestellt mit einem Sechsfach-Werkzeug von Precupa, einem Spezialisten im Präzisionsformenbau. Die Produktion der Teile erfolgt mit einer EcoPower 110/750 inkl. neuer Steuerung B8X. Das eingesetzte Material Baopap von HopeTree besteht aus Wasser, pflanzlichen Ölen und Fetten, Stärke, pflanzlichen Verdickungs- und Quellmitteln und Naturfasern und ist frei von jeglichen Chemikalien. Die Entsorgung erfolgt über die haushaltsübliche Biotonne, wobei sich das Material nach spätestens 50 Tagen vollständig und rückstandsfrei abgebaut hat. Hinsichtlich seiner Eigenschaften eignet es sich hervorragend als Ersatz für Pappe. Das Material kann dem Spritzprozess direkt ohne vorherige Trocknung zugeführt werden. Auch eine Nachbehandlung ist nicht erforderlich. Die Teile werden mit einem Wittmann Roboter W918 entnommen und auf ein Förderband abgelegt.

Die zweite Anwendung, bei der ein nachwachsender Rohstoff eingesetzt wird, findet sich im Circular Economy Forum des VDMA auf dem Freigelände. Bei dieser Anwendung wird mit einer EcoPower 110/350 inkl. neuer Steuerung B8X mit einem Achtfach-Werkzeug von Bioblo ein Bio-Baustein aus Fasal hergestellt. Bei diesem Material handelt es sich um ein von der Fasal Wood GmbH hergestelltes Compound aus Holzmehl und Post-Industrial Polypropylen von Borealis.

Die Software-Pakete HiQ Flow, HiQ Melt und HiQ Metering sorgen für eine schwankungsfreie Herstellung der Biobausteine aus Fasal, einem Compound aus Holzmehl und PIR-PP. (Foto: Bioblo)

Die Software-Pakete HiQ Flow, HiQ Melt und HiQ Metering sorgen für eine schwankungsfreie Herstellung der Biobausteine aus Fasal, einem Compound aus Holzmehl und PIR-PP. (Foto: Bioblo)

Die Anlage ist als Insiderzelle ausgeführt, das heißt, der Wittmann Roboter W918, ein Förderband, eine Wittmann Zahnwalzenmühle vom Typ S-Max 3 als auch das Schutzgehäuse sind in die Produktionszelle integriert. Die gespritzten Teile werden inklusive Anguss mittels W918Roboter entnommen und die Angüsse direkt in die Mühle befördert. Dort werden die Angüsse vermahlen und in den Prozess zurückgeführt. Die fertigen Teile werden auf das integrierte Förderband abgelegt, zu einer Schlauchbeutelanlage befördert und verpackt. Die Schlauchbeutel sind aus dem Bornewables Material FB4370 von Borealis gefertigt.

Um die Qualität der Teile sicherzustellen, kommen neben dem Anwendungssoftware-Paket HiQ Flow die Software-Pakete HiQ Metering zum aktiven Verschließen der Rückstromsperre sowie HiQ Melt zur MFI-Bestimmung zum Einsatz. Der resultierende MFR (Melt Flow Rate) gibt Auskunft über die Fließfähigkeit des Materials.

Energieverbrauch im Fokus

Alle auf dem Stand von Wittmann Battenfeld in Halle 15 gezeigten Maschinen, eine auf dem Wittmann-Stand in Halle 12 gezeigte IMD/IML-Anwendung auf einer SmartPower sowie die im Circular Economy Forum des VDMA vorgestellte EcoPower Maschine sind mit der Energiemanagement-Software Imagoxt ausgestattet. Imagoxt ist eine Eigenentwicklung von Wittmann Digital Srl., vormals ICE-Flex Srl., aus Mailand, und erlaubt die skalierbare Anzeige und Visualisierung von Energieverbräuchen der angeschlossenen Maschinen und Geräte. Ebenso berechnet das Programm direkt den CO2-Verbrauch und bereits erzielte Energie-Einsparungen. Alle berechneten Werte können in Berichten abgelegt werden und stehen somit für langfristige Analysen zur Verfügung. Das Programm läuft als Webapplikation sowohl als optionale Erweiterung des MES-Programms Temi+ von Wittmann als auch als eigenständiges Programm.

An einem eigens eingerichteten Temi+ Expert Center am Wittmann-Battenfeld-Stand haben die Messebesucher die Möglichkeit, detaillierte Informationen zum MES Programm als auch zur Energiemanagement-Software Imagoxt zu erhalten und sich zur Verbesserung des Energiemanagements und damit zur Reduzierung von Kosten im eigenen Unternehmen beraten zu lassen.

Weitere Exponate beinhalten einen Schnellläufer mit IML-Automation, eine 11.000-kN-Großmaschine für eine Türinnenverkleidung aus Naturmaterialien und Rezyklaten, die vollautomatisierte Herstellung einer Wasserwaage, Flüssigsilikonverarbeitung im Standard- und Mikrobereich, Leichtbau mittels Gasinnendruck, IML/IMD-Technologie für dekorierte und funktionalisierte Oberflächen sowie eine mit Sprachsteuerung und Augmented Reality ausgestattete Arbeitszelle.

www.wittmann-group.com

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