20.09.2022
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Kunststoffbranche – Das Quartal der Entscheidung

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Lesedauer: 3 Minuten.

Von der Dramatik der vergangenen Wochen und Monate blieb auch die Kunststoffindustrie nicht verschont. Im Gegenteil, wie der KI Chefredakteur Christian Preiser kommentiert: die wachsende Unsicherheit in der Branche ist mit Händen greifbar. Logistikprobleme und insbesondere Energiepreissteigerungen machen den Kunststoffverarbeitern in Deutschland das Leben schwer.

Das, was dieser Tage in der Kunststoffbranche passiert, ist an Dramatik und scheinbarer Ausweglosigkeit kaum zu überbieten. Seit der Gründung der Bundesrepublik ist es bei den Unternehmen – gefühlt und auch tatsächlich – noch nie so sehr ans Eingemachte gegangen wie jetzt.

Man muss kein Konjunkturforscher sein, um zu sehen, wie massiv die deutsche Wirtschaft leidet. Und man braucht keine hellseherischen Talente, um zu wissen: So darf es nicht weitergehen, wenn Deutschland nicht in einer mentalen und ökonomischen Depression ungeahnten Ausmaßes landen soll – mit Auswirkungen nicht nur auf die Wirtschaft selbst, sondern auf das gesamte gesellschaftliche Gefüge.

Auf der Jahrestagung der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen in Konstanz war die wachsende Unsicherheit in der Branche mit Händen greifbar. Dabei ist Unsicherheit bekanntlich Gift für Unternehmen, und Panik, Fatalismus und Resignation sind denkbar schlechte Berater.

Christian Preiser, Chefredakteur KI (Foto: KI)

Doch immer mehr Verarbeiter, Erzeuger und Recycler fragen sich vollkommen ratlos und verzweifelt: Wie lange wird das noch gut gehen? Wie lange werden wir die absurden Energiepreissteigerungen (von in Einzelfällen bis zu 500 Prozent!) noch mitgehen können? Wann müssen wir unsere Anlagen abschalten und Leute entlassen, weil die Kosten für Gas und Strom unsere Produkte unverkäuflich teuer machen?

Je länger die aktuelle Energiekrise dauert und je mehr sie sich zuspitzt, umso mehr zeigen sich die Versäumnisse und Verfehlungen der Vergangenheit. Mit dem „schwarzen Schwan“ Ukraine-Krieg konnte (und wollte) zwar niemand rechnen. Dass Deutschland bei seiner Energieversorgung aber seit Jahren voll auf Putins billiges Gas gesetzt hat, war ein krasser Fehler – den nur der Politik anzulasten freilich wohlfeil, billig und unredlich wäre. Denn auch die Wirtschaft hat dieses Klumpenrisiko wissentlich und willentlich mitgetragen (ein Fehler, der sich im Umgang mit China möglicherweise gerade wiederholt) und dabei gut verdient.

Fast noch erschreckender als die Fehleinschätzung Russlands ist der Befund, dass die Energiewende seit mehr als einem Jahrzehnt keinen Schritt vorangekommen ist. Dass Lobbyverbände, Bürokraten und Wutbürger dieses Megaprojekt bis heute vor allem blockiert und verhindert haben, lässt sich – zumal vor dem Hintergrund der dramatischen aktuellen Lage – weder erklären noch entschuldigen.

Seit der Wiedervereinigung hat Deutschland – jedenfalls in der Breite der Gesellschaft – eine Phase enormer Prosperität auf hohem Niveau erlebt. Doch Wohlstand und Luxus haben uns träge, behäbig und satt gemacht. Wenn alles immer irgendwie läuft, sinkt die Bereitschaft zu notwendigen Reformen. Diese Einstellung rächt sich jetzt.

Der Krieg in Europa und die daraus resultierenden Verwerfungen in der Wirtschaft haben das zerstörerische Potenzial, auch die Kunststoffbranche an den Rand des Kollapses (oder sogar darüber hinaus) zu treiben. Die Stimmung in den Unternehmen ist so schlecht wie lange nicht mehr, und bekanntlich folgt die reale Konjunktur häufig den Erwartungen ihrer Akteure in einer Art sich selbst erfüllender Prophezeiung.

Die politischen Parteien mögen ihre Planlosigkeit derweil mit halbgaren Ideen wie Übergewinnsteuer oder Gasumlage zu kaschieren versuchen. Doch diese populistischen Augenwischereien ändern nichts an dem Faktum: Für die deutsche Kunststoffindustrie werden die kommenden drei Monate von Oktober bis Dezember zum Quartal der Entscheidung über Wohl oder Wehe.

Dieser Kommentar erschien zuerst in KI – Kunststoff Information (www.kiweb.de).

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Christian Preiser
Christian PreiserChefredakteur KI - Kunststoff Information

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