16.02.2018
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Fakten statt Fasten

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Lesedauer: 4 Minuten.

Protokolle eines „Monats ohne Plastik“, Reportagen aus verpackungsfrei operierenden Einzelhandelsgeschäften und Anleitungen zum ökologischen Wohlverhalten in der Konsumgesellschaft sind gerne strapazierte Formate in Publikumsmedien – ob gedruckt, gesendet oder gestreamt. […]

Protokolle eines „Monats ohne Plastik“, Reportagen aus verpackungsfrei operierenden Einzelhandelsgeschäften und Anleitungen zum ökologischen Wohlverhalten in der Konsumgesellschaft sind gerne strapazierte Formate in Publikumsmedien – ob gedruckt, gesendet oder gestreamt. Weitgehend unbelastet von Fakten, aber emotional aufgeladen von Ideologie hat sich ein bunter Anti-Kunststoff-Chor aus Umweltverbänden, grünen Vorfeldorganisationen und Globalisierungskritikern formiert, in den auch kirchliche Initiativen gerne einstimmen.

Sogar die Wissenschaft beteiligt sich, wie wir letzte Tage in einer Pressemitteilung der Universität Hamburg lesen konnten. Sie lässt uns wissen, „der Großteil von PET“ gelange „in die Umwelt“, wo er nur langsam abgebaut werde, und nur ein kleiner Teil werde recycelt. Dass die Autoren in ihrer These die Bezeichnung des Flaschenwerkstoffs falsch schreiben, soll nicht die Erkenntnis des Biozentrums Klein Flottbek schmälern, dass es weitaus mehr und vielfältigere „plastikfressende“ Bakterien gibt, als bisher angenommen.

„Enorm irreführend und falsch“ kontern zum Beginn der Fastenzeit PlasticsEurope Deutschland und GKV den Aufruf des BUND an Verbraucherinnen und Verbraucher, so weit wie möglich auf Plastik zu verzichten. „Plastikfasten“ nütze weder der Umwelt noch der Natur, so die Branchenverbände (Wortlaut der Erklärung siehe unten) gestützt auf verschiedene Studien und Analysen. „Fakten statt Fasten“ möchte man da resümieren.

Auf jeden Fall ausgenommen vom Plastikfasten sind die Bakterien in Klein Flottbek: Ihr Appetit auf Polymere bleibe bitte ungezügelt.

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Stellungnahme der Verbände PlasticsEurope Deutschland und Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV)

Aktuell kommt etwa ein Viertel der verarbeiteten Kunststoffe in langlebigen Anwendungen im Baubereich zum Einsatz: als Fenster, als Rohrleitung, als Wärmedämmung, Bodenbelag und vieles mehr. Diese Produkte haben eine äußerst lange Lebensdauer und helfen während des Gebrauchs, wertvolle Ressourcen zu sparen. Eine Wärmedämmung etwa spart schon im ersten Jahr ihrer Nutzung die Energiemenge ein, die zu ihrer Produktion nötig war. Schon ab dem 2. Jahr spart sie netto Ressourcen ein. Darüber hinaus kommen viele in Deutschland hergestellte Kunststoffteile in den stark exportorientierten Industriezweigen Automobil, Luftfahrt und Maschinenbau zum Einsatz. Der BUND erklärt stattdessen, in Deutschland würden jährlich rund 12 Mio. Tonnen Plastik verbraucht. Damit liege unser Land europaweit an der Spitze derjenigen, die am meisten Plastikmüll produzierten. Diese Gleich­setzung von Kunststoffeinsatz und „Plastikmüll“ ist jedoch falsch und irre­führend.

Weiter erklärt der BUND, von rund 12 Mio. Tonnen Plastik landeten 6 Mio. Tonnen pro Jahr im Müll. Dies stelle eine enorme Verschwendung von Ressourcen und eine schwere Umweltbelastung dar. Richtig ist, dass 33 % der Post-Consumer Kunststoff­abfälle in Deutschland recycelt werden. „Das meiste wird mit dem Restmüll verbrannt”, heißt es beim BUND weiter. Allerdings: 66 % der in Deutschland gesammelten Kunststoffabfälle werden energetisch verwertet. Das heißt, sie werden nicht sinnlos verfeuert, sondern die in den gebrauchten Produkten enthaltene Energie wird zurückgewonnen – ein erheblicher Unterschied.

Konsumentinnen und Konsumenten sollten, wenn es nach dem BUND geht, wenn möglich zu Produkten ohne Verpackungen, in Mehrwegverpackungen aus Glas oder zu Verpackungen aus Papier und Karton zu greifen. Das jedoch wäre ein schwerer, umweltschädlicher Fehler. Studien belegen: Würden Verpackungen aus Kunststoff durch solche aus anderen Materialien ersetzt, wäre der Energieverbrauch in Europa 2,2 Mal höher und es würden 2,7 Mal so viel Treibhausgase ausgestoßen. Das kann niemand wollen. Und noch immer verderben zu viele Lebensmittel, auch weil sie unzureichend geschützt sind. Nach Schätzungen gehen in den Industrieländern bis zu 30 % der Lebensmittel verloren. Mit Verpackungen aus Kunststoff kann die Haltbarkeit von Lebensmitteln deutlich besser gewährleistet werden als durch die meisten Materialalternativen. Für Kunststoffverpackungen werden Umwelt und natürliche Ressourcen weniger in Anspruch genommen verglichen mit dem für die Lebensmittel­produktion erforderlichen Ressourceneinsatz. Bei der Herstellung und Verpackung typischer Lebensmittel wie beispielsweise Brot oder Fleisch gehen lediglich 2 bis 3 % der während des Lebenszyklus eingesetzten Energie und weniger als 2 % der ausgestoßenen CO2-Emissionen auf das Konto handelsüblicher Kunststoffverpackungen. Mit einem dogmatischen Verzicht auf Kunststoffverpackungen werden Umweltschutz- bzw. Nachhaltigkeitsziele nicht unterstützt.

Während der Gebrauchsphase bieten Produkte aus Kunststoff enorme Vorteile. Sie tragen dazu bei, dass Energie gespart und weniger schädliche Treibhausgase ausgestoßen werden. Nach ihrem Gebrauch können sie rohstofflich, werkstofflich und energetisch verwertet werden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich also nicht verunsichern lassen.

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Markus Lüling
Markus LülingChefredakteur K-PROFI

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