11.04.2017
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Selbst ist der Mann

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Lesedauer: 3 Minuten.

Manche Pressemitteilung überfliegt man als Redakteur nur. Manche Pressemitteilung liest man ganz. Und manche liest man tatsächlich drei Mal. In letztere Kategorie fällt kurz vor Ostern eine des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende […]

Manche Pressemitteilung überfliegt man als Redakteur nur. Manche Pressemitteilung liest man ganz. Und manche liest man tatsächlich drei Mal. In letztere Kategorie fällt kurz vor Ostern eine des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV). Der Spitzenverband der deutschen Kunststoffverarbeitung beklagt darin die rückläufige Zahl abgeschlossener Ausbildungsverträge zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik: Im letzten Jahr hätten sich mit 2.418 jungen Menschen 3,2 % weniger für diese Ausbildung entschieden als noch 2015.

Die Folgerung des GKV angesichts geringerer Jahrgangsstärken und des allgemeinen Strebens nach höheren Bildungsabschlüssen: „Die Attraktivität der Berufsausbildung und die Möglichkeiten, die die duale Ausbildung in der Kunststoffverarbeitung bietet, werden in den Schulen nach Einschätzung des GKV unzureichend vermittelt. Dabei eröffnet die Fachausbildung jungen Menschen hervorragende Perspektiven, Sicherheit und exzellente Karrieremöglichkeiten.“

Der GKV zeichnet alljährlich die bundesbesten Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk mit einem Förderpreis aus. Hier die drei Top-Platzierten des Jahres 2016: Stefan Schumann, Simon Doblinger und Verena Ziereis (3. bis 5.v.l.) von Gerresheimer in Regensburg. Mit im Bild: (v.l.) Ralf Olsen und Dirk E. O. Westerheide vom GKV sowie Manfred Baumann von Gerresheimer Regensburg (Foto: Gerresheimer)

Aufgabe der allgemeinbildenden Schulen ist es, junge Menschen ausbildungsfähig oder studierfähig zu machen. Damit haben die Bildungseinrichtungen – wie der GKV schon früher beklagt hat – ohnehin zusehends Mühe. Im Unterricht wird nicht selten die Vermüllung der Meere mit Kunststoffabfällen behandelt, in Schulen laufen „Öko-Projekte“ zum „Plastikfasten“, und Selbstversuche eines „Lebens ohne Verpackung“ gehören zum viel dokumentierten Alltag. In diesem kommunikativen Umfeld wundert es kaum, dass die Stimmung dem Kunststoff und seiner Verarbeitung gegenüber nicht so positiv ist, dass junge Menschen auf das Berufsbild geradezu anspringen.

Günstige Umfragen hin oder her: Klären wir auf über die ökologisch positiven Bilanzen des Kunststoffs in Deutschland, über eine Verwertungsquote von über 99 %, über lebens- und überlebenswichtige Hightech-Anwendungen mit Kunststoff. Bekämpfen wir Marine Litter, ganz konsequent! Auch wenn wir in West- und Mitteleuropa selbst nicht die wesentlichen Verursacher sind. Auch wenn wir anderen Ländern, anderen Volkswirtschaften und anderen Kulturen auf diesem weiten Weg helfen müssen. Wenn das Umfeld für Kunststoffe positiver erscheint, stimmt der Rahmen.

Selbst dann bleibt für die Verarbeiter und ihre Verbände noch immer genug zu tun, um junge Menschen in die Betriebe zu locken, auszubilden und dort langfristig zu binden. Theoretische Qualifizierung ergänzend zur Berufsschule, „Nachhilfe“ in kritischen Fächern, aktive überbetriebliche Ausbildung: Kunststoffverarbeiter mit hohem Anspruch ziehen diese Register. Klar: Der Aufwand kostet Geld, aber es sind Investitionen in die Menschen, in die Köpfe und – wie von erfolgreichen Verarbeitern immer wieder zu hören ist – in die Zukunft des eigenen Unternehmens. Diese „Jobs“ können nur die Betriebe selbst machen. Werbung aus der Schule darf man dazu nicht erwarten. Mehr denn je gilt: Selbst ist der Mann!

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Markus Lüling
Markus LülingChefredakteur K-PROFI

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