Bis zum Einstieg des Investors Orlando Capital im Sommer 2024 war das Geschäft für Illig, Heilbronn, schwierig. Wie sich der Markt für den Thermoformer im vergangenen Jahr entwickelt hat, wie er das Vertrauen seiner Kunden durch Neuausrichtung und Innovationskraft wiedergewonnen hat und wie das Unternehmen seine Geschäftssituation stabilisieren konnte, erläutert CEO Christoph Gusenleitner im Gespräch mit K-AKTUELL.
K-Aktuell: Was hat sich bei Illig seit dem Einstieg von Orlando Capital verändert?
Christoph Gusenleitner: Das vergangene Jahr hat uns die Chance auf einen Neustart geboten – sowohl in unserer internen Ausrichtung als auch im Hinblick auf die Marktentwicklung. Mit dem Einstieg von Orlando Capital konnten wir Illig strukturell neu aufstellen und mit klarer Strategie sowie frischer Innovationskraft neu im Markt positionieren. Wir verfügen heute über eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur und befinden uns in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, um unsere hohen Qualitätsstandards dauerhaft zu sichern. Gleichzeitig richten wir den Blick nach vorn: mit Innovationen im Bereich Dry Fiber, der intelligenten Automatisierung unserer Verpackungs- und Thermoformsysteme sowie dem gezielten Ausbau und der Optimierung unseres Service-Portfolios. Das werden wir auch auf der K in Düsseldorf präsentieren.
Können Sie bereits erste Resonanzen aus dem Markt auf diese Neuausrichtung beobachten?
Erste Rückmeldungen aus dem Markt bestätigen uns, dass das Vertrauen in Illig wieder da ist und wir auf dem richtigen Weg sind. Nicht zuletzt, weil wir unser bewährtes Produkt- und Serviceportfolio weiterführen und gleichzeitig in zukunftsweisende Technologien investieren.
Hat sich die strategische Ausrichtung von Illig nach dem Investoreneinstieg verändert?
Ja, wir haben unseren Fokus geschärft. Unser Anspruch ist es, das Portfolio gezielt in Richtung nachhaltiger und gegenüber dem Wettbewerb führender Systemlösungen weiterzuentwickeln. Dafür kombinieren wir unsere Kunststoff-DNA mit neuen Materialwelten und setzen verstärkt auf Partnerschaften, um zusätzliche Märkte und Anwendungen zu erschließen. Gleichzeitig haben wir interne Strukturen optimiert. Das gibt uns Raum, unsere Ressourcen noch konsequenter auf Innovation und Wachstum zu richten. Kurz gesagt: Wir denken Illig neu – mit Blick auf Markt, Kunden und Zukunft.
Sie sagen, dass Sie verstärkt in neue Technologien investieren. Welche Entwicklungen standen zuletzt im Fokus?
Im Bereich der Rollenautomaten setzen wir verstärkt auf integrierte Systemlösungen und intelligente Automatisierung. Ein Beispiel dafür ist die Erweiterung unserer Thermoformsysteme um stationäre End-of-Line-Kartonpacker – ausgestattet mit der Illig-Antriebstechnik, Software und Benutzeroberfläche.
Die beiden Varianten, „Basic Packer“ und „Performance Packer“, ergänzen unsere RDM-Thermoformlinien ideal. Sie erfüllen die komplexen Anforderungen moderner Verpackungsprozesse und ermöglichen eine flexible Anpassung an unterschiedliche Formate und Leistungsbereiche. Die Anbindung weiterer Thermoformsysteme ist in Planung. Kunden profitieren dabei von unserer umfassenden Systemkompetenz – inklusive Inbetriebnahme und Service aus einer Hand.
Sie erwähnten auch den Bereich Dry Fiber. Gibt es auch hier Neuentwicklungen?
Auf jeden Fall! Mit unseren Dry Fiber Systems ermöglichen wir die wirtschaftliche Produktion von nachhaltigen Verpackungen aus Zellulose-Material – mit im Markt einzigartigen Ziehtiefen von bis zu 120 Millimetern. Das stellt einen technologischen Quantensprung dar, wenn man bedenkt, dass der aktuelle Marktstandard dieser noch jungen Technologie bei rund 40 Millimetern liegt. Für diese Innovation wurden wir – was uns besonders freut – mit dem Deutschen Verpackungspreis 2025 in der Kategorie „Verpackungsmaschinen“ ausgezeichnet.
Welche Erwartungen haben Sie an das Thema Naturfaserverpackungen?
Wir erwarten, dass Naturfaserlösungen an Bedeutung gewinnen, insbesondere in Food- und FMCG-Anwendungen, wo Nachhaltigkeit zunehmend ein kaufentscheidender Faktor ist. Zugleich führen verschärfte regulatorische Anforderungen dazu, dass der Markt verstärkt nach alternativen Materialien sucht, die Kunststoff reduzieren, ohne Kompromisse bei Produktschutz und Wirtschaftlichkeit einzugehen. Faserbasierte Lösungen verstehen wir dabei nicht als Ersatz, sondern als sinnvolle Ergänzung zu Kunststoffverpackungen. Entscheidend sind die spezifischen Anforderungen unserer Kunden – und die optimale Balance aus Produktschutz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Mit unseren Dry Fiber Systems haben wir eine Technologie geschaffen, die genau diesen Dreiklang erfüllt und unseren Kunden neue Möglichkeiten in der Verpackungsentwicklung eröffnet. Mit unserem durch Dry Fiber erweiterten Technologiespektrum bieten wir unseren Kunden künftig noch mehr Auswahl und Flexibilität – und die Chance, den CO2-Fußabdruck von Verpackungen zu reduzieren.
Welche Anforderungen stellen Ihre Kunden an Ihre Maschinen? Was erwarten Ihre Kunden?
Unsere Thermoform- und Verpackungssysteme stehen seit jeher für Leistungsfähigkeit, Qualität und damit verbunden auch Langlebigkeit. Wir sprechen hier von Laufzeiten von 20 bis 30 Jahren. Unsere Kunden erwarten darüber hinaus eine hohe Prozesssicherheit, Zukunftsfähigkeit – insbesondere im Hinblick auf die Automatisierung – und einen exzellenten Service über den gesamten Lebenszyklus hinweg. In der Praxis heißt das: Maschinen, die leistungsfähig, flexibel und anwenderorientiert sind, und sich problemlos in automatisierte Gesamtprozesse integrieren lassen. Gleichzeitig müssen die Systeme nachhaltig produzieren und ökonomisch tragfähig sein. Genau daran richten wir unsere Entwicklungen aus, ob bei Thermoformsystemen, faserbasierten Verpackungslösungen oder auch im Bereich Service und Ersatzteile.
Sie haben angekündigt, auf internationales Wachstum und neue Märkte zu setzen. Wie sieht das konkret aus?
Wir haben unser internationales Vertriebsnetz angepasst, um noch näher an unseren Kunden und den Märkten zu sein. Besonders in Nord- und Südamerika, Asien und ausgewählten europäischen Märkten bauen wir unsere Präsenz im Vertrieb und Service strategisch aus. Diese Regionen zeigen eine besonders dynamische Nachfrage nach wirtschaftlich skalierbaren Thermoform- und Verpackungslösungen. Genau hier sehen wir ein enormes Potenzial für unsere Technologien. Wachstum bedeutet für uns nicht nur mehr Marktanteile, sondern vor allem, unsere Technologien und Services dort anzubieten, wo die Nachfrage nach unseren nachhaltigen Lösungen groß ist.
Haben Sie noch andere Produktfelder weiterentwickelt?
In aktuellen Kundenprojekten für Thermoform- und Verpackungssysteme entwickeln wir verstärkt individuelle Automatisierungs-Konzepte. Darüber hinaus arbeiten wir an innovativen Lösungen im Thermoformen, wie zum Beispiel mit unserem strategischen Partner Origin Materials, der mit thermogeformten PET-Verschlüssen recyclingfähige Monomaterial-Verpackungslösungen ermöglicht. PET-Schraubverschlüsse von Origin, thermogeformt mit Illig-Systemen und Werkzeugen, sind ein wichtiger Schritt für die Kreislaufwirtschaft und – durch die erreichte Kunststoffreduktion gegenüber marktüblichen Verfahren – auch hinsichtlich Materialeinsatz und Kosteneffizienz wegweisend.
Derartige Projekte verdeutlichen, wie wir unser Leistungsangebot gezielt und entlang der Herausforderungen unserer Kunden erweitern und konsequent an den Anforderungen der Zukunft ausrichten. Sie zeigen auch, dass wir Verpackungsentwicklung ganzheitlich und gemeinsam mit unseren Kunden denken und in innovative technische Systeme umsetzen können. Hier kommen für uns Performance und Nachhaltigkeit zusammen.
Welche Botschaft möchten Sie Ihren Kunden auf den Weg geben?
Christoph Gusenleitner: Unsere Botschaft lautet: Illig ist stärker denn je – verlässlich, innovativ und zukunftsorientiert. Unsere Kunden profitieren von bewährter Qualität und erstklassigem Service. Gleichzeitig bieten wir ihnen neue und innovative Technologien, die Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Produktschutz verbinden. Mit unserem 360°-Ansatz in der Verpackungsentwicklung begleiten wir sie entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Idee bis zum fertigen Produkt und darüber hinaus. Wir verstehen uns als langfristiger Partner und freuen uns, die Zukunft der Verpackung gemeinsam mit unseren Kunden zu gestalten.
Schlagwörter
