14.11.2025
BASF

Polyamide aus Altfahrzeugen

Beitrag teilen:
Lesedauer: 4 Minuten.

Mittels Depolymerisation und lösungsmittelbasiertem Recycling kann die BASF PA 6 aus Altfahrzeugen gewinnen. Pilotprojekte mit ZF und Pöppelmann zeigen seriennahe Anwendungen anhand von Bauteilen für Mercedes-Benz.

Während die Rückgewinnung von Metallen aus stillgelegten Fahrzeugen bereits seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird, enden rund 200 kg Kunststoff pro Fahrzeug bisher häufig in der Verbrennung. Mit den neuen Technologien der BASF, Ludwigshafen, soll sich dies ändern, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden regulatorischen Anforderungen der EU-Altfahrzeugverordnung. Pilotprojekte demonstrieren, wie Automobilabfälle stofflich genutzt und in einen geschlossenen Kreislauf für die Automobilindustrie zurückgeführt werden können.

Das chemische Recyclingverfahren ermöglicht, selbst stark beanspruchte und verschmutzte Kunststoffteile – im Fall des Pilotprojektes gebrauchte Ölwannen von ZF Group aus Altfahrzeugen – nach Ende des Lebenszyklus effizient zu recyceln. Herzstück des Prozesses ist die Depolymerisation, bei der die langen Polyamidketten an den inhärent vorhandenen Sollbruchstellen gezielt in ihre Monomere zerlegt werden. Im Folgeschritt wird das durch die Depolymerisation von PA 6 gewonnene Monomer Caprolactam aufgereinigt. Dadurch können potenziell störende Verunreinigungen, die aus der Nutzungsgeschichte des Materials stammen, vollständig entfernt werden. Diese Verunreinigungen wären beim mechanischen Recycling im Material verblieben und hätten die Qualität des Rezyklats beeinträchtigt. Anschließend erfolgt die erneute Polymerisation zu Polyamid, das gemäß den Anforderungen der Anwendung zu einem neuwertigen Polyamid-Compound weiterverarbeitet wird. Dieser erfüllt hohe Qualitätsstandards und eignet sich für anspruchsvolle Bauteile in der Automobilindustrie. „Was früher als nicht recycelbar galt, ist heute Ausgangspunkt für hochwertige Neuprodukte“, erklärt Martin Scheuble, Teamleiter Circularity Engineering Plastics bei der BASF.

Der Projektpartner ZF Group verarbeitete das recycelte Material zu einem technisch anspruchsvollen Fahrwerksbauteil (Stabilizer Link) für Mercedes‑Benz. (Foto: BASF)

Der Projektpartner ZF Group verarbeitete das recycelte Material zu einem technisch anspruchsvollen Fahrwerksbauteil (Stabilizer Link) für Mercedes‑Benz. (Foto: BASF)

Ein Beleg für die Praxistauglichkeit ist die erfolgreiche Verarbeitung des recycelten Materials durch den Projektpartner ZF Group zu einem komplexen, technisch anspruchsvollen Fahrwerksbauteil – dem sogenannten Stabilizer Link – für Mercedes-Benz. Durchgeführte Prüfungen an Probekörpern sowie an den gefertigten Bauteilen selbst zeigen, dass die Depolymerisation Polyamid- Compounds ermöglicht, die ohne Einschränkungen hinsichtlich Performance oder sonstiger chemischer und physikalischer Eigenschaften eingesetzt werden können.

Lösungsmittelbasiertes PA-Recycling aus Schredderrückständen

Das zweite Pilotprojekt widmet sich dem Recycling von Schredderrückständen aus Altfahrzeugen – ein komplexer Mix unterschiedlicher Materialien, der nach der Entfernung vorwiegend von Metallen und Glas zurückbleibt. Durch die enge Zusammenarbeit mit einem Recyclingunternehmen ist es nun gelungen, mithilfe neu verfügbarer Sortier- und Aufbereitungstechnologie Polyamide aus diesem Gemisch weitgehend sortenrein zu gewinnen.

Das aus der gewonnenen PA‑Fraktion per lösungsmittelbasiertem Recycling entstandene PA-6‑Compound wurde von Pöppelmann an einer seriennah gefertigten Kettengleitschiene für Mercedes‑Benz validiert. (Foto: BASF)

Das aus der gewonnenen PA‑Fraktion per lösungsmittelbasiertem Recycling entstandene PA-6‑Compound wurde von Pöppelmann an einer seriennah gefertigten Kettengleitschiene für Mercedes‑Benz validiert. (Foto: BASF)

Die auf diesem Weg erhaltene Polyamid-Fraktion wurde im Rahmen des Pilotprojekts als Ausgangsmaterial für ein neues lösungsmittelbasiertes Recyclingverfahren eingesetzt. Hierbei werden die Polymerketten nicht gespalten, sondern selektiv mit Hilfe eines geeigneten Lösungsmittels in Lösung gebracht, anschließend aufgereinigt und letztlich wieder zu einsatzfähigen PA-6-Compounds verarbeitet.

Die Validierung dieser Technologie erfolgte anhand einer bei Mercedes-Benz im Serieneinsatz befindlichen Kettengleitschiene. Die Bauteile wurden im Rahmen des Pilotprojektes vom Projektpartner Pöppelmann unter seriennahen Bedingungen gefertigt und erfolgreich erprobt.

Begleitend zu den Pilotprojekten wurden von einem externen Partner Lebenszyklusanalysen (LCA) durchgeführt. Die Ergebnisse verdeutlichen die Vorteile der neuen Recyclingverfahren: Die lösungsmittelbasierte Technologie wie auch das Recycling mittels Depolymerisation weisen signifikante Einsparungen bei den CO2-Emissionen auf, sowohl im Vergleich zum Einsatz von fossilen Rohstoffen zur Herstellung vergleichbarer Polyamid-Compounds als auch im Vergleich zur thermischen Verwertung. Somit könnten beide Verfahren künftig einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und zur nachhaltigen Transformation der Kunststoffindustrie leisten.

www.basf.com
www.mercedes-benz.com
www.zf.com
www.poeppelmann.com

Nie wieder
etwas verpassen.

Aktuelle Technologie-News, meinungsstarke Blog-Beiträge und Produkt-Neuheiten sichern Ihren Informationsvorsprung. Exklusive Editorale der beiden Chefredakteure Markus Lüling (K-PROFI) und Christian Preiser (KI) runden das Angebot ab.

Anrede
Bitte Anrede auswählen!
Bitte Vorname angeben!
Bitte Nachnamen angeben!
Bitte E-Mail Adresse angeben!