Langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT) sind vielseitig. Aufgrund ihres Eigenschaftsportfolios eignen sie sich für anspruchsvollste Anwendungen in den verschiedensten Bereichen. LFT sind vor allem für den anspruchsvollen Metallersatz geeignet. Trotz geringem Gewicht […]
Langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT) sind vielseitig. Aufgrund ihres Eigenschaftsportfolios eignen sie sich für anspruchsvollste Anwendungen in den verschiedensten Bereichen.
LFT sind vor allem für den anspruchsvollen Metallersatz geeignet. Trotz geringem Gewicht bieten sie metallähnliche Festigkeiten. Der Grund für diese außergewöhnliche Eigenschaftenpaarung sind die langen Fasern, die im fertigen Bauteil ein Faserskelett bilden, welches die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffes steigert. So werden hohe Steifigkeits- und Festigkeitswerte erzielt, die deutlich über jenen von kurzfaserverstärkten Thermoplasten liegen.
Attraktive Kombinationen möglich
Doch die Langfasertechnologie bietet noch mehr. Die thermischen Eigenschaften der Werkstoffe zeigen bei tiefen oder hohen Temperaturen eine markant bessere Performance. Die polyamidspezifischen Eigenschaften wie Chemikalienbeständigkeit oder Oberflächenqualität werden dabei nicht beeinträchtigt. Dadurch können Bauteile realisiert werden, die beispielsweise hohen thermomechanischen Belastungen standhalten und gleichzeitig eine gute Oberflächenqualität aufweisen müssen. Zusätzlich reduzieren die langen Fasern das Kriechen und erhöhen die Dimensionsstabilität.

Querschnitt durch das Gehäuse des Heckklappenantriebs aus Grivory GVL-5H. Weder wechselnde Temperaturen und Feuchtigkeitsgrade, noch schnelle Belastungsspitzen können dem teilaromatischen Polyamid etwas anhaben. (Foto: Ems)
Zuverlässig auch bei Dauerbelastung
Spezielle Eigenschaften der Langfaserverstärkung zeigen sich exemplarisch beim Gehäuse des Volvo-Heckklappenantriebs der Firma Oechsler, die das Bauteil aus Grivory GVL-5H fertigt. Der Heckklappenantrieb stellt die sichere und zuverlässige Kraftübertragung der Antriebselemente zur Heckklappe des Autos sicher. Wechselnde Temperaturen und Feuchtigkeitsgrade machen dem teilaromatischen Polyamid nichts aus, schnelle Belastungsspitzen werden durch die Langfaserverstärkung problemlos aufgefangen. Auch zeigt das langfaserverstärkte Produkt praktisch kein Kriechen oder Nachgeben unter Dauerbelastung. Grivory GVL-5H garantiert somit die reibungslose Funktion des Bauteils.

Durch Grilon TSGL-40/4 ist der Fuß für die Außenspiegel von Lkw gleichsam leicht und widerstandsfähig. (Foto: Ems)
Tiefes Gewicht, hohe Konstanz
Ein Spiegelfuß für Lkw ist eine weitere Anwendung, bei der die Eigenschaften der Langfaserverstärkung zum Tragen kommen. Die zunehmende Größe der Außenspiegel erhöht die Belastungen auf die tragenden Elemente. Das Bauteilgewicht soll aber trotzdem auf gewohnt niedrigem Niveau von Kunststofflösungen bleiben – eine gute Voraussetzungen für Grilon TSGL-40/4. Der Werkstoff widersteht auch langfristig den Dauerbelastungen durch das Gewicht der Spiegel (niedriges Kriechen) und durch die Fahrtvibrationen (Dauerschwingfestigkeit). Zudem zeigt er trotz hoher Steifigkeit eine gute Dämpfung.

Bodeneinbaugehäuse der neuen Außenleuchte Tesis. Durch Grivory GVL-4H bietet das Gehäuse ein Vielfaches der geforderten Druckfestigkeiten. (Foto: Ems)
Hart im Nehmen
Bei einer Anwendung des Architekturbeleuchtungsspezialisten Erco stellt ein weiterer langfaserverstärkter Werkstoff von Ems seine hohe Belastbarkeit unter Beweis. Die Gehäuse der Außenleuchte Tesis wurden bis jetzt aus Metall gefertigt. Neben der Problematik des hohen Gewichtes hatte Erco vor allem mit Korrosion durch Bodenkontakt zu kämpfen, selbst bei Gehäusen aus Edelstahl. Gleichzeitig reduzierte sich die Wärmeentwicklung in den Gehäusen durch den zunehmenden Einsatz der LED-Technik. So lag es nahe, das Bodeneinbau- und das Leuchtengehäuse der neuen Tesis-Generation aus Kunststoff zu fertigen. Da in der Praxis auch Lkw über die Außenleuchten fahren, war ein belastbarer Werkstoff erforderlich.
Aufgrund der hohen Belastbarkeit, der hohen Kriechfestigkeit und der guten Verzugseigenschaften fiel die Wahl auf Grivory GVL-4H. Bei Tests wurden bei den Kunststoff-Gehäusen Druckfestigkeiten von 17 t gemessen, lediglich 5 t waren gefordert. Da die Leuchten bei den Kunden von Erco sehr gefragt sind und die Erwartungen übertreffen, sind weitere Entwicklungen mit dem Material bereits im Gange.

Der mit einem Elastomer umspritzte Steigbügel aus Grilon TSGL-0/4 bietet sicheren Halt, überträgt die dynamischen Lasten sehr gut und widersteht auch harten Schlägen. (Foto: Ems)
Fest im Sattel
Auch im Reitsport kommen langfaserverstärkte Polyamide zum Einsatz. Ein neuer, hochbelastbarer Steigbügel wurde in Frankreich auf Basis von Grilon TSGL-0/4 entwickelt. Der Werkstoff kann die dynamischen Lasten im Springreiten an der unteren Kante sehr gut übertragen und widersteht auch harten Schlägen im Gelände. Neben einer erheblichen Gewichtsreduktion wird das Bauteil mit einem Elastomer umspritzt, das nach vorne sicheren Halt gibt, nach hinten aber jederzeit ein Herausrutschen des Stiefels zulässt.
Mittlerweile hat Ems das Sortiment an langfaserverstärkten Polyamiden auf fünf Produktefamilien ausgedehnt: Grivory HT, Grivory GV, Grilamid L, Grilamid TR und Grilon TS. All diese Werkstoffe lassen sich auf handelsüblichen Spritzgießmaschinen verarbeiten und erlauben feine Bauteilstrukturen, die mit duroplastischen Kohlefasergeweben nicht darstellbar sind.