02.07.2025
APO

PFAS-freie Beschichtung für Elastomerdichtungen

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Lesedauer: 6 Minuten.

Der Beschichtungsspezialist APO hat gemeinsam mit einem Lackhersteller einen PFAS-freien Hochleistungsgleitlack entwickelt, der aktuelle PTFE-Beschichtungen ersetzt und anspruchsvolle Reibprobleme beim Einsatz von Elastomer-Bauteilen und Dichtungen löst.

Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) sorgen weiterhin für kontroverse Diskussionen in der Öffentlichkeit. Viele fordern vehement umfangreiche Verbote der Ewigkeitschemikalien, wogegen anderen diese Vorstellung wenig gefällt. Auch die Lackindustrie wäre von Beschränkungen stark betroffen. Deshalb hat der Beschichter APO, Alsdorf, gemeinsam mit einem Lackhersteller einen PFAS-freien Hochleistungsgleitlack entwickelt, der aktuelle PTFE-Beschichtungen ersetzt und insbesondere für die Dichtungstechnik interessant ist.

„Viele der verfügbaren Lacke und Beschichtungssysteme enthalten in irgendeiner Form per- oder polyfluorierte Alkylverbindungen. Daher wären wir in der Lackier- und Beschichtungstechnik natürlich stark von einem Verbot betroffen“, beschreibt Antonio Pozo, Geschäftsführer von APO die Situation seiner Branche.

Schon heute ist eine PFAS-freie Beschichtung, sowohl farblos-transparent als auch farbig verfügbar. (Foto: APO)

Schon heute ist eine PFAS-freie Beschichtung, sowohl farblos-transparent als auch farbig verfügbar. (Foto: APO)

Wie schon vor sechs Jahren, als aufgrund von REACH-Vorgaben das Co-Lösemittel N-Methyl-Pyrrolidon (NMP) aus Wasserbasis-Lacken verbannt wurde, stehen mit PFAS erneut wichtige Chemikalien der Lackindustrie auf dem Prüfstand. Bereits nach ersten Diskussionen um die Umweltbelastungen und potentielle Gesundheitsgefährdung, die von PFAS ausgehen, entwickele APO gemeinsam mit einem Lackhersteller einen PFAS-freien Gleitlack für Elastomerdichtungen, denn aktuelle Gleitlacke, die mit den harschen Einsatzbedingungen in Dichtungs­anwendungen zurechtkommen, enthalten in der Regel Polytetrafluorethylen (PTFE), ein weit verbreitetes Polymer aus der Gruppe der PFAS. Es ist chemisch und thermisch hoch belastbar und besitzt hervorragende Gleiteigenschaften. Zurecht gelten daher aus Sicht der Dichtungstechnik PTFE-Beschichtungen bisher als Inbegriff der Leistungsfähigkeit. Entsprechend hoch liegt der Maßstab für eine PFAS-freie Alternative.

Hoher Anspruch an hauchdünne Schichten

Gerade im Dichtungsbereich sind funktionelle Beschichtungen stark beansprucht. Neben den mechanischen, thermischen und chemischen Belastungen sind es vor allem zwei Details, die einen Gleitlack besonders herausfordern. Zum einen lassen sich Elastomere aufgrund ihrer geringen Oberflächenenergie schlecht benetzen und selbst die besten Gleitlacke haften ohne eine professionelle Vorbehandlung nur unzureichend auf ihren Oberflächen. Zum anderen werden Elastomerdichtungen, wie zum Beispiel O-Ringe, bei der Montage oft sehr stark gedehnt. Ein Vorgang, den auch die hauchdünnen Gleitschichten überstehen müssen. Daher bauten die Entwickler auf einem besonders elastischen, NMP-freien PTFE-Hochleistungsgleitlack auf, der bereits chemisch breit aufgestellt ist, sich sehr gut verarbeiten lässt und gut auf Elastomeren haftet.

Die neue PFAS-freie Beschichtung löst zahlreiche Reibprobleme, die beim Einsatz von Elastomerdichtungen entstehen. (Foto: APO)

Die neue PFAS-freie Beschichtung löst zahlreiche Reibprobleme, die beim Einsatz von Elastomerdichtungen entstehen. (Foto: APO)

Doch trotz dieser aussichtsreichen Basis blieb der Weg zu einer PFAS-freien Premiumbeschichtung anspruchsvoll. „Tatsächlich ist es nicht möglich, PTFE eins-zu-eins durch einen anderen Festschmierstoff zu ersetzen, ohne das komplette Lacksystem anzupassen“, erklärt Pozo. Einer der Gründe dafür liegt in der Komplexität der Gummireibung, die wesentlich von den viskoelastischen Materialeigenschaften der Elastomere beeinflusst wird. In Bezug auf Gummi verlieren klassische Reibgesetze ihre Gültigkeit, wogegen Anwendungsparameter, Adhäsions- und Deformationskräfte eine größere Rolle spielen. Daher bringt jeder Einsatzfall eine spezielle Reibproblematik mit sich und entsprechend anpassungsfähig muss die Funktionsschicht sein. Folglich nahmen die Experten neben PTFE gleich mehrere Komponenten der Lackmischung ins Visier. Neben NMP und PFAS verzichteten die sie dabei auch auf silikonhaltige Zusätze. Mehrere Entwicklungs- und Testzyklen waren nötig, um den aussichtsreichsten Gleitlack-Kandidaten für die abschließende umfangreiche Vergleichs- und Eignungsstudie zu ermitteln.

Auch nach künstlicher Alterung bei 150 °C in Luft und anschließendem Aufdehnen um 100 % nimmt der neue PFAS-freie Gleitlack keinen Schaden. (Foto: APO)

Auch nach künstlicher Alterung bei 150 °C in Luft und anschließendem Aufdehnen um 100 % nimmt der neue PFAS-freie Gleitlack keinen Schaden. (Foto: APO)

Neuer Gleitlack auf Herz und Nieren geprüft

Zuerst wurden Standard O-Ringe aus den wichtigsten Dichtungsmaterialien unter Serienbedingungen, also maschinell und in großen Mengen beschichtet, die Verarbeitbarkeit bewertet und der Verbund mit den Elastomeroberflächen geprüft. Ein besonderes Augenmerk galt dabei Silikonwerkstoffen, denn diese sind in der Regel schwer zu beschichten. Doch die Oberflächenhaftung der neuen Beschichtung übertraf selbst auf Silikon die der bisher besten Vergleichslacke. Da man Wert auf anwendungsnahe und für die Dichtungstechnik übliche Prüfbedingungen legte, schickte das Team die Teile nach ersten internen Belastungsproben für weitere Analysen in ein bekanntes Elastomer Institut. Dort prüften Analytiker die beschichteten Teile nach relevanten Prüfstandards und verglichen sie mit dem Basis-Gleitlack und drei Wettbewerbsbeschichtungen der neuesten Generation. Alle Vergleichslacke waren ebenfalls NMP-frei, enthielten jedoch PTFE. Wie für Elastomere im Dichtungsbereich üblich, durchliefen die Prüflinge eine Heißluftluftalterung sowie eine Biegeprüfung in Kälte und lagerten in destilliertem Wasser, Referenzölen und Kraftstoff. Das anschließende Aufdehnen erlaubte es, die Qualität der Funktionsschichten zu beurteilen. Ausschlusskriterien waren dabei Risse, Aufwölbungen und das Ablösen von der Oberfläche. Abschließend wurde die außendichtende Montage der O-Ringe simuliert und die maximalen Einpresskräfte protokolliert.

Einlagerungstests in Referenzölen, Kraftstoffen oder destilliertem Wasser zeigen die chemische Beständigkeit der neuen Beschichtung. (Foto: APO)

Einlagerungstests in Referenzölen, Kraftstoffen oder destilliertem Wasser zeigen die chemische Beständigkeit der neuen Beschichtung. (Foto: APO)

Auch Pilotkunden wirkten während der Entwicklung mit und führten ihre eigenen Studien mit beschichteten Bauteilen durch. „Bei Kunden dürfen wir natürlich selten hinter die Kulissen schauen“, stellt Pozo klar. Doch die Ergebnisse überzeugten selbst Zweifler. Im Neuzustand lässt sich die dünne Schicht bedenkenlos um bis zu 100 % dehnen, ohne zu reißen oder von der Oberfläche abzuplatzen. Chemisch und thermisch ist sie gut gerüstet, denn selbst nach dem Einwirken der unterschiedlichen Medien übersteht sie weiterhin Dehnungen bis zu 100 % und weder hohe Temperaturen bis 200 °C noch Kälte bis – 40 °C führen zu Schäden.

Beim Montagetest mit 3,53 mm starken O-Ringen reduziert die hauchdünne Gleitschicht die maximalen Einpresskräfte auch nach mehrfachem Einbau um bis zu 90 % und erzielte damit bessere Werte als alle Vergleichslacke. Auch bei wiederholter, hin- und hergehender Belastung bleibt die Leistung der Beschichtung konstant und sie sorgt für gleichmäßiges Gleiten der Bauteile bei geringem Kraftaufwand. Sowohl die farblos-transparente Version mit UV-Indikator als auch die farbigen Varianten basieren auf demselben Beschichtungssystem, was von Fall zu Fall den Freigabeaufwand in Unternehmen vereinfacht.

www.apo.ac

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