21.06.2018
Barlog

Circular Economy im Fokus des 22. EKTT

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Lesedauer: 6 Minuten.

Was passiert mit dem Wasserspiegel, wenn zwei Werkzeugeinsätze aus einem Boot in die Fluten geworfen werden? Richtig, er sinkt – einmal unter Wasser verdrängen die beiden Einsätze nur noch ihr […]

Sinkt er oder steigt er? Barlog-Mitarbeiter Christian Schumacher führt die Anwesenden launig durch den Physik- und Chemiebaukasten (Foto: K-AKTUELL).

Was passiert mit dem Wasserspiegel, wenn zwei Werkzeugeinsätze aus einem Boot in die Fluten geworfen werden? Richtig, er sinkt – einmal unter Wasser verdrängen die beiden Einsätze nur noch ihr eigenes Volumen. Oder was passiert, wenn man eine Gewürzgurke unter Strom setzt? Tja, sie leuchtet. Die Erklärungen folgten den Experimenten zu den Quizfragen des 22. Engelskirchener-Kunststoff-Technologietages (EKTT) der Barlog-Gruppe auf dem Fuße. Nach dieser launigen Eröffnung des zweiten Veranstaltungstages stand schnell wieder das zentrale Thema des diesjährigen EKTT im Fokus: Circular Economy – die Kunststoffindustrie im Wandel.

Auch in der 22. Auflage folgt die Branche der Einladung von Barlog gern (Foto: K-AKTUELL).

Die vor wenigen Monaten vorgestellte EU-Kunststoffstrategie lieferte die Steilvorlage, und das Verbot von Plastikgeschirr, Strohhalmen und Tragetüten schafft es in die breite europäische Presse. Abseits dieser ausgetretenen Pfade thematisierten die Vortragenden des EKTT Recyclingmöglichkeiten und Herausforderungen der technischen Kunststoffe.

„Das Problem, das wir lösen müssen, ist das Post Consumer Recycling“ – für Peter Barlog das zentrale Thema (Foto: K-AKTUELL).

Neben Angüssen und Anfahrteilen sind da ja auch noch die Endprodukte. Geschäftsführer Peter Barlog legt den Finger in die Wunde: „Das Problem, das wir lösen müssen, ist das Post Consumer Recycling.“ Denn während bei Angüssen und Co. die sortenreine Sammlung, die Qualität der Recyclingware und die Zulassung des Endkunden längst eingespielte Praxis sind, ist das bei alten Stoßfängern, Armaturenbrettern, Surfbrettern, Plastiktischen oder Elektroabdeckungen nicht der Fall. „Alles landet in der großen Tonne und dann muss man es mühsam wieder auseinanderklauben. Doch selbst wenn wir sortenreines Material zurückbekämen; wie gleichen wir die Eigenschaftsverluste durch den jahrelangen Gebrauch wieder aus?“, skizziert Barlog das Szenario.

Stoffliches Recycling von faserverstärkten Thermoplasten im geschlossenen Kreislauf durch Recompoundierung ist nicht ohne weiteres realisierbar – Faserbruch, das Material ist durch seinen Gebrauch verschmutzt oder kontaminiert, die Polymerketten haben sich abgebaut. Der Recyclingaufwand ist deutlich höher, als bei Verpackungskunststoffen. Barlog macht klar: „Wir müssen Recyclingkonzepte mit unseren Kunden aufbauen. Das ist nicht billig, sondern muss durch den Willen motiviert sein, einen geschlossenen Kreislauf aufzubauen.“

Recyclingfähigkeit gefragt

„Wir machen Moleküle und bringen keine Endprodukte in Verkehr. Dennoch müssen wir über deren Recycling nachdenken“, bekräftigt Dr. Achim Ilzhoefer (Foto: K-AKTUELL).

Auch vor den Rohstoffherstellern macht das Thema nicht Halt. „Wir machen Moleküle und bringen keine Endprodukte in Verkehr. Dennoch müssen wir über deren Recycling nachdenken“, bestätigt Dr. Achim Ilzhoefer, Global Circular Economy Manager bei Covestro. Die neue EU-Abfallrichtlinie wird das Recycling von 65 % der Siedlungsabfälle bis 2035 verlangen. Dazu gehört auch Sperrmüll – und in dem stecken Kunststoffe. Frankreich beschloss mit seiner Umweltgesetzgebung von 2009, 100 % aller Kunststoffe bis 2025 zu recyceln; und China könnte mit seinem Green Economy Act noch schneller sein als die EU.

Für Ilzhoefer ganz klare Signale, sich intensiv mit dem Thema zu befassen und in den Dialog mit der Abfallwirtschaft und der Politik zu treten: „Wir haben als Kunststoffhersteller nicht so viel Ahnung von der Abfallwirtschaft im Endkonsumentenumfeld wie die kommunalen Abfallmanager. Mit denen müssen wir reden und konkrete Maßnahmen zur stofflichen Verwertung ankurbeln. Und der Politik gegenüber müssen wir die Benefits unserer Kunststoffe besser herausstellen.“

Der Ansatz von Covestro hat sich aus Sicht von Ilzhoefer gewandelt. Früher war nur die Funktionalität der Kunststoffe das Ziel, heute ist es auch die Recyclingfähigkeit. Langlebige und recyclingfähige Produkte sind die Devise, Optionen für die Rohstoffsubstitution suchen, ressourceneffizient produzieren. Als Beispiel für die Rohstoffsubstitution und gleichzeitige Ressourceneffizienz bringt Ilzhoefer Cardyon ins Spiel. In diese Polyol-Komponente für Polyurethan-Weichschaum baut Covestro 20 % CO2 als Baustein ein und ersetzt so fossile Rohstoffe. Eine Pilotanlage ist bereits in Betrieb und erzeugt 5.000 t Polyol pro Jahr.

Doch solche Entwicklungen brauchen Zeit, mahnt Ilzhoefer: „Wir haben vor 15 Jahren angefangen, zu Cardyon zu forschen und werden noch rund weitere 15 Jahre bis zur Großserie brauchen. Für viele Kunststoffe haben wir überhaupt noch keine Recyclingmöglichkeiten. Die Entwicklungszyklen sind lang. Deshalb müssen wir mit dem Gesetzgeber sprechen, um angemessene Zeithorizonte zu verhandeln. Und wir müssen anfangen, geeignete Recyclingprozesse mit allen Beteiligten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu aufzubauen.“

Was ist mit Bio?

Zu einen Ausflug in die Biokunststoffe und deren Recyclingmöglichkeiten nahm Prof. Hans-Josef Endres seine Zuhörer mit (Foto: K-AKTUELL).

Mit der Kreislaufwirtschaft bei Biokunststoffen beschäftigt sich Prof. Hans-Josef Endres, Chef des IfBB Hannover. Aber was heißt eigentlich „bio“? Nach einem Plädoyer für korrektes Wording – biobasiert und biologisch abbaubar, nur das eine oder nur das andere, oder eben nichts von beidem – stellt Endres die mechanischen Recyclingoptionen für Biokunststoffe vor. Sein Fazit: „Das vorhandene Know-how bei Recycling, Handling, Stabilisierung können wir nahezu eins zu eins auf Biokunststoffe übertragen. Hier wie dort sind sortenreine Inputströme wünschenswert, und die Recyclinganforderungen ähneln denen der konventionellen Kunststoffe.“ Für biologisch abbaubare Kunststoffe stehen darüber hinaus weitere Möglichkeiten der Wiederverwendung zur Verfügung: als Inputstrom für Biogas- oder Kompostierungsanlagen. Das gleiche Dilemma wie konventionellen Kunststoffen begegnet auch den Biokunststoffen, sobald sie als Verbund- oder Hybridwerkstoff eingesetzt werden. Hier stehen funktionierende Lösungen für eine Kreislaufwirtschaft noch aus.

43 Aussteller flankierten den 22. EKTT: Gelegenheit zu Austausch und Information (Foto: K-AKTUELL).

Neben dem großen Thema Kreislaufwirtschaft kam auch die technisch interessierte Fachwelt nicht zur kurz. Sieben Vorträge zur Prüfung und Simulation und weitere sieben zu Maschinen, Peripherie- und Werkzeugtechnik gaben in den zwei Tagen Einblicke in die Reinigung von Kühlkreisläufen, die konturfolgende Temperierung, transiente Temperaturführung oder die Inspektion von Bauteilen. Ergänzend hatten die Besucher Gelegenheit, sich bei den 43 Ausstellern zu informieren und mit diesen und untereinander zu netzwerken – dazu lud vor allem die von allen Anwesenden hoch gelobte Abendveranstaltung ein.

www.ektt.de; www.barlog.de

Zeit zum Netzwerken: die Abendveranstaltung (Foto: K-AKTUELL).

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